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Warum viele Titel nie auf unserer Festplatte landen

 
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Anmeldungsdatum: 06.05.2005
Beiträge: 1191
Wohnort: Krefeld

 BeitragVerfasst am: 12.08.2007 22:32    Titel: Warum viele Titel nie auf unserer Festplatte landen Antworten mit Zitat Back to top

Zitat:
Ein maskierter Mann schleicht durch die Gänge, Blut tropft von seinem Kettenhemd. Er bleibt stehen, setzt seine Axt an und enthauptet den Wachmann, der nie von seiner Patrouille zurückkommen wird. Die Kamera zoomt ans Geschehen heran, das Pixelblut spritzt in alle Richtungen. Diese Szenen stammen aus dem Playstation 2-Spiel Manhunt, wohl einer der brutalsten Titel der letzten Jahre. Warum der blutrünstige Action-Reißer aus dem Hause Rockstar in Deutschland verboten wurde, müssen wir wohl nicht weiter erklären. Allerdings gab es in den letzten Jahren immer wieder Indizierungen und Verbote von Spielen, die für große Aufregung in der Gamer-Gemeinde gesorgt haben. Doch wo liegt eigentlich der Unterschied zwischen Indizierung und Verbot?

Die Arbeit der USK
Für die Alterskennzeichnung von Computer- und Videospielen ist in Deutschland die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) zuständig. Sie ist ein Teil des Fördervereins für Jugend und Sozialarbeit e.V. und vergibt verbindliche Alterseinstufungen, die sowohl auf den Verpackungen als auch auf den Datenträgern deutlich sichtbar aufgedruckt sein müssen. Beim Verkauf der Spiele unterliegen die Händler der Pflicht, den Käufern nur altersgerechte Games zu verkaufen.

Die Arbeit der BPjM

Ausschließlich auf Antrag von Jugendministern und -ämtern wird die Bundesprüfstelle für jugend- gefährdende Medien (BPjM) tätig. Ihre Aufgabe besteht in der Prüfung und Aufnahme von Spielen in die "Liste jugendgefährdender Medien", der sogenannten Indizierung. Ziel ist die Sicherstellung des medialen Jugendschutzes. Als jugendgefährdend gelten nach Paragraph 18, Absatz 1 des Jugendschutzgesetztes Medien, die "die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit” gefährden. Als Beispiel nennt der Gesetzgeber Medien, die "unsittlich sind, verrohend wirken oder zu Gewalttätigkeit, Verbrechen oder Rassenhass anreizen”. Hat ein Spiel eine Alterskennzeichnung der USK erhalten, kann die Prüfstelle kein Indizierungsverfahren mehr einleiten. Dies ist nur dann möglich, wenn die USK eine Alterskennzeichnung verweigert. Zudem kann die BPjM keine Entscheidungen der USK revidieren, weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des jeweiligen Titels.
Indizierung
Wenn ein Spiel indiziert wird, muss es aus allen Verkaufsbereichen entfernt werden. Volljährige können es jedoch gegen Vorlage des Personalausweises erwerben. Allerdings ist der Versand auch gegen Nachweis der Volljährigkeit (zum Beispiel durch eine Kopie des Personalausweises) nicht gestattet. Ferner darf es nicht mehr öffentlich beworben werden. Spielemagazinen ist es zudem verboten, Rezensionen zu den betreffenden Spielen abzudrucken. Ansonsten droht dem Verlag schlimmstenfalls die Auflage, das komplette Heft vom Markt zu nehmen. Indizierungen basieren auf dem GjSM (Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften und Medieninhalte

Wenn ein Spiel verboten wird, kann die Staatsanwaltschaft sämtliche Exemplare beschlagnahmen. Wer sich widersetzt, macht sich strafbar. Diese Maßnahmen basieren allerdings auf dem Strafgesetzbuch (StGB). Auf Spiele sind im eigentlichen Sinn nur die Paragraphen 86a (Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und 130 (Volksverhetzung) anwendbar. So wurde die englische Fassung von Return to Castle Wolfenstein von der der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt. Im Fall von Manhunt von GTA-Entwickler Rockstar Games griff der Artikel 131, weshalb das Münchner Amtsgericht den Titel wegen übertriebener Gewaltdarstellung für die bundesweite Beschlagnahmung im Jahr 2004 freigab. Ein Verbot würde auch Manhunt 2 drohen, sollte sich der Publisher zu einer Veröffentlichung entscheiden. Bisher wurden Verbote nur gegen die genannten Titel sowie die Mortal Kombat-Trilogie von Midway ausgesprochen. Ein weiterer Grund wäre außerdem die "Verbreitung pornografischer Schriften" laut Paragraph 188.

Interview mit der USK
Doch nun von der grauen Theorie zur spannenden Praxis. Was sind die Aufgaben der Jugendschutz-Organe? Wie kommt ein Spiel zu seiner Altersfreigabe - und warum ist eigentlich der deutsche Jugendschutz einer der härtesten der Welt? onSpiele hat mit Dr. Klaus Spieler, Geschäftsführer der USK (Unterhaltungssoftware-Selbstkontrolle) über Aufgaben, Probleme, Chancen und Unsicherheiten des Medium gesprochen. Lesen Sie das Interview auf der folgenden Seite.

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Anmeldungsdatum: 06.05.2005
Beiträge: 1191
Wohnort: Krefeld

 BeitragVerfasst am: 12.08.2007 22:34    Titel: Antworten mit Zitat Back to top

Zitat:
Dr. Spieler, erklären Sie bitte, wie ein Spiel zu seiner Alterseinstufung kommt
Unsere Tester erhalten ein Beta-Exemplar vom Publisher. Uns ist hierbei besonders wichtig, dass Leute diese Games spielen, die auch wirklich eine Leidenschaft für das Medium mitbringen, ein bisschen Ahnung von Pädagogik haben und eine bestimmte moralische Integrität aufweisen. Der Tester erstellt dann eine Präsentation für das Gremium, dem grundsätzlich auch ein Mitglied der Landesjugendbehörde beiwohnt. Unsere Tester zeigen dann möglichst viele Facetten des Spiels, wobei die Mitglieder des Gremiums ermuntert werden, auch selbst zum Gamepad zu greifen und in die virtuelle Welt abzutauchen. Anschließend folgt eine Diskussion, und per demokratischen Mehrheitsentscheid wird das Rating festgelegt.

Sie sprechen von einer bestimmten Moral. Können Sie uns ein Beispiel geben? Aber wann muss Gewalt verboten werden?
Wir versuchen uns in die Konsumenten der verschiedenen Altersschichten hineinzudenken. Man muss Gewalt immer im Kontext bewerten. Es gibt zum Beispiel Spiele, in denen ich auf Personen schieße, die allerdings in eine fantastische, märchenhafte Welt eingebettet sind, so zum Beispiel Star Wars. In einem solchen Fall ist eine Freigabe ab 12 Jahren sinnvoll. Ego-Shooter hingegen stellen meist Gewalt dar, wenn diese allerdings nicht verherrlicht oder besonders effektvoll in Szene gesetzt wird, ist eine Einstufung ab 16 oder 18 Jahren begründbar. Jugendgefährdende Spiele bekommt keine Einschätzung, weil sie möglicherweise indiziert werden könnte. Zur Indizierung, also dem Verbot der Weiterverbreitung, ist allerdings nur die Bundesprüfstelle für Jugendgefährdende Medien (BPjM) als staatliches Organ berechtigt. Diese haben etwa 2001 unser Gutachten zu Return to Castle Wolfenstein angefordert und das Spiel dann auf Basis von §130 StGB indiziert.

Viele Spiele schaffen es nicht auf den deutschen Markt, beispielsweise der mehrfach prämierte Xbox-360-Shooter Gears of War. Das führt nicht selten zu Verbalangriffen gegen die USK. Wie reagieren Sie auf solche Vorwürfe?

Solche Situationen gibt es immer wieder. Allerdings haben wir meist gar keine Schuld, dass ein Titel nicht in Deutschland erscheint. Im Fall von Gears of War haben wir Microsoft unser Gutachten geschickt. Wenn der Entwickler das Spiel entsprechend überarbeitet hätte, wäre höchstwahrscheinlich eine Freigabe ab 18 Jahren erreicht worden. Entwickler Epic wollte allerdings die Kettensäge und die detailreiche Darstellung der Gewalt nicht ändern, und so hat Microsoft den Titel nicht in Deutschland veröffentlicht. Das ist im Übrigen der Grund, warum die meisten Spiele es nicht nach Deutschland schaffen.

Deutschland hat den härtesten Jugendschutz Europas. Warum sind unser Maßnahmen im internationalen Vergleich so auffallend hart?
Ich nenne das gerne Kultureffekt. Es mag sich hart anhören, aber sehr viele Menschen in Deutschland haben Männer mit Gewehren wegfahren sehen, die nie wieder gekommen sind. Der zweite Weltkrieg hat unsere Nation fast ausgelöscht. Diese historischen Ereignisse sind für viele Politiker noch heute präsent, deshalb umfassen unsere Gesetze eine besondere Sensibilität gegenüber Gewalt und Krieg. So hat sich der Jugendschutz in Deutschland ein bisschen zu stark auf das Gewaltproblem fixiert. In den USA hingegen werden in erster Linie Spiele indiziert und auch verboten, weil sie Sex-Sequenzen beinhalten. Das kommt uns leicht prüde vor, da heutzutage quasi jeder Kinofilm irgendeine Bett-Szene beinhaltet. Bei James Bond gehören die Bond-Girls ja schon fast dazu. Im Gegensatz zeigten die Entwickler jüngst auf der E3-Messe in Los Angeles aber immer brutalere Spiele, das ist also einfach eine Sache der Kultur.

In Deutschland beherrscht die "Killer-Spiel"-Debatte die Boulevard-Presse. Insbesondere einige Aussagen von bayrischen Politikern richten sich eindeutig gegen die große Gemeinde der Gamer. Bei Amokläufen rücken oftmals zuerst Ego-Shooter als Auslöser ins Rampenlicht. Wie denken Sie, können Spieler eine breitere Akzeptanz in der Gesellschaft gewinnen?

Ich bin selbst leidenschaftlicher Spieler und muss mir nicht selten diese Vorwürfe anhören. Ich denke, wir müssen eine Art kulturelle Kontrolle erreichen. Das bedeutet, dass wir irgendwann mit dem Medium Computerspiel genau so natürlich umgehen können wie mit Büchern, Radio oder Fernsehen. Letztendlich ist das aber nur eine Frage der Zeit. Denn die kommende Generation der Politiker wird selbst mit Videogames aufgewachsen sein. Herr Dr. Beckstein würde vermutlich nie einen Action-Film verteufeln, weil er damit groß geworden ist. Genau so wird die heutige Generation eben mit Computerspielen sozialisiert. Leider machen es sich Verantwortliche häufig sehr leicht, wenn sie eine Entscheidung für oder wider ein Medium treffen müssen. In Zeiten Goethes gab es den Vorwurf, dass "Die Leiden des jungen Werthers" junge Menschen zum Selbstmord animieren könnte. Heutzutage wird das Werk ganz selbstverständlich in der Schule gelesen. So ähnlich wird es höchstwahrscheinlich auch mit Computer-Games weitergehen. Das können Sie mich ja in 20 Jahren nochmal fragen.
Herr Spieler, vielen Dank für das Gespräch.

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Duke Nukem
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Anmeldungsdatum: 02.01.2007
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 BeitragVerfasst am: 12.08.2007 23:18    Titel: Antworten mit Zitat Back to top

Oh, ja. Ich glaube manche redakteure nehmen spiele viel realer wahr, als die spieler selbst^^
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Oelkaennchen
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 BeitragVerfasst am: 13.08.2007 10:15    Titel: Antworten mit Zitat Back to top


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Kill_Bill
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 BeitragVerfasst am: 13.08.2007 17:22    Titel: Antworten mit Zitat Back to top

Lehrreich und Interessant !!!

War schön soetwas mal gelesen zu haben .
Danke Webbi
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Es war einmal .....
doch ist´s nicht mehr...
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Lord Pommeroy
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 BeitragVerfasst am: 18.08.2007 03:08    Titel: Antworten mit Zitat Back to top

Interessant, kann Dr.Spieler nur zustimmen, diese Nadelstreifenspießer
genannt Politiker wissen gar nicht wo rüber sie reden, weil sie nicht selber spielen.
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Besser 100 Leichen im Keller als gar kein Spass.
Und klar bleib ich beim SFC
 
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